Sicherheit
Bioaktive Kollagenpeptide, die aus Lebensmitteln gewonnen werden, werden allgemein als sicher eingestuft, da diese auch durch den normalen Verdauungsprozess entstehen oder in fermentierten Lebensmitteln wie z.B. Käse vorliegen und bisher keine negativen Auswirkungen bekannt sind [Hettiarachchy (Ed.) 2012]. Z.B. liegen auch umfangreiche Erfahrungen mit hypoallergenen Säuglingsnahrungen und anderen Diätprodukten vor, die ebenfalls aus hydrolysierten Proteinen bestehen und keinen Anlass für Sicherheitsbedenken geben [Schaafsma 2009]. Gelatine ist das Ausgangsprodukt für Bioaktive Kollagenpeptide und ebenfalls seit langem Bestandteil unserer Nahrung. Auch Toxizitätsstudien ergaben keinen Anhaltspunkt für Sicherheitsbedenken, solange die Herstellungsbedingungen den Vorschriften für Lebensmittel genügen [Hettiarachchy (Ed.) 2012].
Kumar et al untersuchten in einer doppelblinden, randomisierten Studie Auswirkungen einer Gabe von 10 g Bioaktiven Kollagenpeptiden täglich über 13 Wochen auf Blutwerte, die Aufschluss über Leber- und Nierenfunktion sowie Blutzuckerspiegel geben und fanden keine Hinweise auf relevante Änderungen [Kumar et al 2015]. Ebenfalls unauffällig waren diese Werte in einer Studie über 12 Monate mit 5g Bioaktiven Kollagenpeptiden [König et al 2018]. Eine Studie mit 15g Bioaktiven Kollagenpeptiden über 3 Monate ergaben keinen Hinweis auf unerwünschte Wirkungen [Zdzieblik 2015]. Trotzdem wären weitere Langzeitstudien wünschenswert, um die Sicherheit auch bei kontinuierlicher Einnahme beurteilen zu können.
Die European Food Safety Authority – EFSA (Ex. Link zur EFSA) veröffentlichte 2012 ihre Ansicht zum Proteinbedarf gesunder Personen und geht dabei auch auf mögliche Risiken einer proteinreichen Ernährung ein [EFSA 2012]. So wird der Proteinbedarf eines gesunden Erwachsenen auf 0,83 g/kgKG geschätzt und ein Überschreiten des Wertes auf das Doppelte als sicher eingeschätzt.
Wie hoch ist der Proteinbedarf?
Der Proteinbedarf für einen gesunden Erwachsenen wird ermittelt, indem die Stickstoffbilanz des Organismus zugrunde gelegt wird. Man geht davon aus, dass die Menge an Stickstoff in Form von Protein zugeführt werden muss, die der Körper aufgrund von physiologischen Abbauvorgängen ausscheidet. Dieser durchschnittliche Bedarf wurde auf 0,66 g /kgKG / Tag geschätzt (bezogen auf das Normalgewicht). In der Annahme, dass der Organismus das zugeführte Protein nicht zu 100% nutzen kann und um der Variabilität in der Bevölkerung Rechnung zu tragen, wurde rechnerisch ein Wert von 0,83 g / kgKG / Tag ermittelt [EFSA 2012]. Dieser Schätzwert gilt für gesunde Erwachsene mit normaler Aktivität, die sich im Erhaltungszustand befinden. Für Kinder, Schwangere und Stillende gelten andere Werte.
Proteine haben vielfältige Aufgaben im Organismus. So unterhalten sie z.B. als Enzyme wichtige Stoffwechselvorgänge, dienen wie z.B. das Hämoglobin im Blut als Transporter, bilden das Immunsystem, Hormone und Neurotransmitter. Ohne eine adäquate Proteinzufuhr wäre der Organismus nicht überlebensfähig [Berdanier 2015].
Der tatsächliche Proteinbedarf wird außerdem von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst. So bewirken z.B. Hitze oder Kälte eine Erhöhung des Grundenergiebedarfs und damit auch des Eiweißbedarfs. Vermehrte körperliche Aktivität erhöht ebenfalls den Energie- und damit auch den Eiweißbedarf. Infektionen oder Verletzungen erfordern eine erhöhte Syntheseleistung des Organismus [Berdanier 2015].
Die Stickstoffbilanzierungsmethode besitzt einige Schwachstellen. So bleiben z.B. Stickstoffverluste, die über Schweiß oder Haar- und Nagelwachstum entstehen, unberücksichtigt. Außerdem wird nicht die biologische Wertigkeit der Proteine berücksichtigt [Berdanier 2015]. Zudem bleibt fraglich, ob der Proteinbedarf tatsächlich direkt proportional zum Körpergewicht ist [Hoffer 2016].
Es wurden daher auch andere Ansätze entwickelt, um den Proteinbedarf zu ermitteln. Eine Alternative könnte die Indikator-Aminosäureoxidationsmethode sein. Diese kommt zu höheren Bedarfswerten [Pencharz et al 2016, Phillips et al 2016, Phillips 2017].
Man sollte sich aber bewusst sein, dass alle diese Werte aufgrund theoretischer Überlegungen ermittelt wurden und rechnerisch einen Durchschnittswert darstellen. Für einzelne Individuen können durchaus andere Werte optimal sein. Weiterhin ist es problematisch, den Proteinbedarf als eigene, absolute Größe zu betrachten und die Einflüsse durch andere Nahrungsbestandteile wie Fette, Kohlenhydrate, Vitamine usw. unberücksichtigt zu lassen. Wird die Fettzufuhr z.B. unter 20 bis 30% des Energiebedarfs gesenkt, nutzt der Körper die zugeführten Proteine nicht zur Synthese sondern zur Energiegewinnung [Berdanier 2015]. Meiner persönlichen Meinung nach ist es für einen gesunden Menschen, der sich einigermaßen vernünftig ernährt und sich leistungsfähig fühlt, nicht erforderlich, seine Ernährung bis ins letzte Detail durchzurechnen. So viel falsch kann er ja bisher nicht gemacht haben.
Die biologische Wertigkeit von Proteinen
Die biologische Wertigkeit beschreibt die Verwertbarkeit dieser Proteine für den menschlichen Organismus hinsichtlich Verdaulichkeit, Zusammensetzung der Aminosäuren und Gehalt an essentiellen Aminosäuren. Die biologische Wertigkeit von Eiweiß aus tierischen Quellen (Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier) ist höher als die aus pflanzlichen, da letzteren bestimmte Aminosäuren fehlen [Berdanier 2015]. Dieser Mangel kann aber durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Quellen ausgeglichen werden. So besitzt z.B. Sojaprotein nur einen geringen Gehalt an Methionin, der durch die Kombination mit Mais ausgeglichen werden kann.
Kollagen bzw. Kollagenhydrolysate enthalten kein Tryptophan, daher wird deren biologische Wertigkeit trotz hoher Verdaulichkeit als niedrig beurteilt. Trotzdem kann ihre Verwendung als zusätzliche Proteinquelle ernährungsphysiologisch sinnvoll sein, da diese reich an den Aminosäuren Glycin und Prolin sind und eine gute Quelle für Arginin darstellen. Dadurch kann der Bedarf an einzelnen Aminosäuren, die möglicherweise infolge Krankheit essentiell geworden sind, sowie an nichtspezifischen Stickstoffverbindungen gedeckt werden [Castellanos et al 2006].
Die Beurteilung des Proteinbedarfs alleine aufgrund der Stickstoffbilanz ist unzureichend, da dies den wechselnden Bedarf an einzelnen Aminosäuren sowie deren Ausscheidung nicht ausreichend berücksichtigt. Aminosäuren sind nicht nur zum Aufbau von Proteinen erforderlich, sondern spielen auch eine große Rolle bei Stoffwechselvorgängen und in biologischen Regelkreisen. Da Aminosäuren nicht bevorratet werden können, muss der Bedarf durch die Nahrungszufuhr oder durch den Abbau körpereigener Proteine gedeckt werden. Auch kann die körpereigene Bildung nicht-essentieller Aminosäuren unter manchen Umständen nicht ausreichend sein. Dunstan et al untersuchten in einer Modellberechnung die Bilanz der einzelnen Aminosäuren bei Männern und Frauen. Dabei wurde eine Mischkost aus tierischem und pflanzlichem Protein nach westlichem Standard zugrunde gelegt [Dunstan et al 2019]. Es konnte gezeigt werden, dass es trotz positiver Stickstoffbilanz zu einem relativen Mangel an Histidin, Glycin, Serin und Ornithin kommen kann. Dies trifft insbesondere unter starker körperlicher Belastung zu.
Inwieweit ein Ersatz der Proteinzufuhr durch Kollagenpeptide die biologische Wertigkeit der Nahrung beeinflusst, untersuchten Paul et al. Sie berechneten die Wertigkeit nach der PDCAAS-Methode und legten dabei eine Nahrungsform entsprechend westlichem Standard zugrunde [Paul et al 2019]. So können bis zu 36% der Proteinzufuhr durch Kollagenpeptide ersetzt werden, ohne eine hohe Qualität der Proteinzufuhr zu beeinträchtigen (PDCAAS gleich 1,0). Auch bei Einhaltung der empfohlenen Werte für die Proteinzufuhr von 0,83 g/kgKG wird diese Menge in der Regel bei den empfohlenen Dosierungen von 2,5g bis 15g Kollagenpeptiden täglich nicht erreicht.
Kollagenhydrolysate sind nicht geeignet, den gesamten Bedarf an Proteinen zu decken, sie stellen aber eine gute Möglichkeit dar, die Ernährung mit wichtigen Aminosäuren zu ergänzen. Ein Ersatz der Proteinzufuhr durch Kollagenpeptide in empfohlenen Dosierungen beeinträchtigt die Proteinqualität nicht, sofern eine nach westlichem Standard übliche Nahrungsform (Mischkost) eingehalten wird. Da insbesondere im Alter, bei sportlicher Aktivität oder anderen Umständen eine erhöhte Proteinzufuhr ratsam sein kann [Phillips et al 2016], spricht nichts dagegen, die Kollagenpeptide als zusätzliche Proteinquelle zu den von offizieller Seite empfohlenen Werten zu nutzen [Paul et al 2019].
Letzte Aktualisierung: September 2022