Aminosäuren

Aminosäuren zählen neben Kohlenhydraten und Fetten zu den zentralen organischen Grundbausteinen. Alle Aminosäuren bestehen aus einer basischen Aminogruppe (-NH2), der sauren Carboxylgruppe (-COOH), sowie einem Restmolekül, die um ein zentrales Kohlenstoffatom gruppiert sind. Durch diese Anordnung sind 2 räumliche Strukturen möglich, die sich wie linke und rechte Hand verhalten und somit in den meisten Veröffentlichungen als L- oder als D-Form bezeichnet werden.

Von den insgesamt mehreren Hundert bekannten Aminosäuren dienen nur rund 20 als Standardaminosäuren zum Aufbau von Geweben und Enzymen, die praktisch alle der L-Form angehören, so dass diese Eigenschaft nachfolgend ignoriert werden kann.

Über ihre Amino- und Carboxylgruppen sind Aminosäuren in der Lage, unter Wasserabspaltung durch die sogenannten Peptidbindungen Aminosäureketten zu bilden, die je nach ihrer Länge als Peptide oder Proteine bezeichnet werden.

Oligopeptide, d.h. Ketten aus nur wenigen Aminosäuren, dienen im Körper meist als Signalstoffe (z.B. als Hormon oder Neurotransmitter). Für eine Enzymfunktion sind größere Kettenlängen von mehreren hundert Aminosäuren erforderlich. Enzyme steuern als funktionelle Proteine (Biokatalysatoren) die meisten Vorgänge im Körper. Die Bau- oder Strukturproteine, die zum Aufbau von Muskeln, Knochen, Bindegewebsstrukturen, Knorpeln, Haaren etc. verwendet werden, bestehen in der Regel aus noch längeren Ketten von teilweise mehreren Tausend Aminosäuren.

Ihre Eigenschaften werden neben der Art, Reihenfolge und Anzahl der verwendeten Aminosäuren auch durch die Nutzung zusätzlicher Begleitmoleküle wie z.B. Zuckerverbindungen, Metallkomplete etc. bestimmt. Aufgrund dieser enormen Variabilität besitzen Peptide/Proteine noch eine Vielzahl weiterer Funktionen, angefangen von der Blutgerinnung, über die Antikörperherstellung zur Abwehr von Infektionen bis hin zur Produktion von Toxinen, wie z.B. den Schlangengiften. In Hungerphasen stehen Proteine dem Körper auch als Energiereserve für den Zuckerstoffwechsel zur Verfügung.

Proteine sind in jeder Körperzelle vorhanden und machen mehr als die Hälfte des Trockengewichtes aus. Acht der verwendeten Aminosäuren sind essentiell (E), d.h. der Körper kann Sie nicht selber herstellen. Daher müssen sie mit der Nahrung zugefügt werden. Somit ist für eine gesunde Ernährung neben der Gesamtmenge auch die Zusammensetzung der zugeführten Proteine wichtig, damit auch wirklich alle notwendigen Aminosäuren in ausreichender Menge zugeführt werden.

Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt die tägliche Aufnahme von ca. 0.8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht für erwachsene Menschen (Babys und Kleinkinder etwas mehr). Bei fleischfressenden Tieren, wie z.B. Hunden liegt der tägliche Bedarf etwas höher und im Bereich von rund 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Neben Ihrer Funktion als Bausteine zum Aufbau von Proteinen verfügen Aminosäuren noch über eine Reihe weiterer interessanter und wichtiger Eigenschaften, wie beispielsweise die Unterstützung von Gelenksfunktionen, was auch in zahlreichen Studien belegt wird. Da viele Aminosäuren im Körper ineinander umgewandelt werden, finden sich häufig vergleichbare Funktionen.

Abbildung: Aminosäuremolekül mit Kollagen aus Kollagen-Tripelhelix


Bildquelle: Frank Geisler (MediDesign)

Letzte Aktualisierung: Februar 2018

Eigenschaften der 20 Aminosäuren

Nachfolgend eine nicht vollständige Übersicht über Eigenschaften der 20 Aminosäuren in alphabetischer Reihenfolge:

Erklärung der Abkürzungen: Alanin (Ala; A; NE; 9,0%) bedeutet (Ala= int. Abkürzung; A=Symbol bei Darstellung von Aminosäuresequenzen; E=essentiell/NE=nicht essentiell/SE=semi essentiell; % = durchschn. Anteil in Proteinen)

Alanin (Ala; A; NE; 9,0%) tritt neben anderen Aminosäuren wie z. B. Leucin und Glutaminsäure bevorzugt in α-Helices von Proteinen auf. Sie begünstigen die Bildung von Sekundärstrukturen und werden deshalb auch als Helixbildner bezeichnet. Alanin kann nach Abspaltung der Aminogruppe direkt in den Zuckerstoffwechsel einfließen und so zur Energiegewinnung oder zum körpereigenen Aufbau von Glukose (Glukoneogenese) verwendet werden. Gleichzeitig erhöht Alanin den Blutzuckerspiegel, indem es die Ausscheidung von Glucagon (Gegenhormon des Insulin) fördert, und so für den Körper bei Bedarf genügend Energiereserven bereitstellt.

Arginin (Arg; R; SE; 4,7%) hat von allen Aminosäuren den höchsten Masseanteil an Stickstoff und gehört gemeinsam mit Lysin und Histidin zur Gruppe der basischen Aminosäuren. Arginin ist als Quelle energiereicher Stickstoff-Phosphat-Verbindungen in Organismen an zahlreichen biologischen Funktionen beteiligt. Im Harnstoffzyklus fungiert es als ein Zwischenprodukt beim Abbau von Stickstoffverbindungen in Harnstoff. Arginin ist auch die Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), einem der kleinsten Botenstoffe im menschlichen Körper. NO ist an der Regulation des Tonus der glatten Muskulatur (z.B. Blutgefäßerweiterung, Blutdruckregulation) sowie an der Blutgerinnung beteiligt. Dadurch senkt Arginin das Risiko für Herz- / Kreislauferkrankungen.

Asparagin (Asn; N; NE; 4,4%) dient vielfach als Vorstufe für die Bildung der eng verwandten Asparaginsäure. Diese fungiert im Harnstoffzyklus als Zwischenschritt bei der Übertragung von Aminogruppen auf Harnstoff (s. auch Glutamin). Daher gelten Asparagin/Asparaginsäure  als harntreibend und auch als blutreinigend.

Asparaginsäure (Asp; D; NE; 5,5%) auch Aspartat genannt, fungiert zusammen mit Glutamin in über 50% aller Synapsen (Nervenverbindungen) als Neurotransmitter (Botenstoff). Asparaginsäure ist Bestandteil des Immunsystems und beteiligt an der Bildung von Erbinformationen in der RNS und DNS. Auch diese Aminosäure ist Bestandteil des Zuckerstoffwechsels und notwendig, wenn Kohlenhydrate in Energie umgewandelt oder Zucker in den Energiespeicher Glykogen aufgebaut wird.

Cystein (Cys; C; NE; 2,8%) ist eine schwefelhaltige Aminosäure. Einige besondere Eigenschaften leiten sich aus dieser Thiol-(-SH)-Gruppe ab. Zwei solcher Thiol-Gruppen können stabile Disulfidbrücken (-SS-) bilden und so der räumlichen Struktur von Proteinen eine besondere Stabilität verleihen. In Enzymen bewirken diese Thiolgruppen die Bildung von Schwefel-Eisen-Komplexen (als Kofaktoren für Enzymreaktionen) oder sind auch direkt am Reaktionsmechanismus von Enzymen beteiligt. Darüber hinaus dient Cystein als Ausgangsstoff für die Biosynthese vieler weiterer Verbindungen wie z.B. dem Glutathion (Tripeptid aus Glutaminsäure, Cystein und Glycin). Es fungiert als zentrales Antioxidans und schützt die Zellen vor schädlichen Oxidationsprozessen.

Glutamin (Gln; Q; NE; 3,9%) ist Hauptbestandteil des Pools an freien Aminosäuren im Blutplasma und kommt in sehr hohen Konzentration in den Muskelzellen vor. Dort ist es unter anderem für die Wassereinlagerung in die Zellen verantwortlich und bewirkt bei körperlicher Belastung die Förderung der Protein- und Glykogenbildung. Zusätzlich liefert Glutamin die Aminogruppen (-NH2) für fast alle Produkte, die im Stickstoffwechsel benötigt werden. Ebenso wichtig ist seine Funktion bei der Entgiftung des Körpers, damit stickstoffhaltige Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels in der Leber zu Harnstoff umgewandelt und anschließend über die Niere ausgeschieden werden können.

Glutaminsäure (Glu; E; NE; 6,2%) bindet das beim Protein- und Aminosäureabbau freiwerdende Zellgift Ammoniak unter Bildung von Glutamin. Über den sogenannten Citratzyklus steht es in direkter Verbindung  zum Zuckerstoffwechsel als Bestandteil zur Energiegewinnung der Zellen. Darüber hinaus dient Glutaminsäure, die als einer der wichtigen erregenden Neurotransmitter bei Synapsen im zentralen Nervensystem (körpereigene Signalübertragung ans Nervenenden).

Glycin (Gly; G; NE; 7,5%) ist die kleineste und einfachst aufgebaute Aminosäure (Hier ist keine L- oder D-Form möglich). Glycin ist Bestandteil fast aller Proteine und zusätzlich Ausgangsstoff für viele unterschiedliche Stoffwechselwege. So dient Glycin u.a. zur Biosynthese von Bestandteilen der Erbsubstanz (bestimmte Nukleotide), zur Synthese von Häm (Hämoglobinbestandteil – wichtig zur Sauerstoffbindung im Blut), von Kreatin (Energiespeicher im Muskel) oder von Glutathion (zentrales Antioxidans der Zellen), und nicht zuletzt auch als Signalstoff im Zentralnervensystem. Besonders häufig kommt Glycin im Kollagen vor. Hier macht es gut ein Drittel aller Aminosäuren aus, da es aufgrund seiner geringen Größe das Aufwickeln des Kollagens zu dessen Tripelhelix-Struktur erlaubt.

Histidin (His; H; SE; 2,1%) spielt aufgrund seiner biochemischen Eigenschaften eine besondere Rolle bei der Bindung von Metallionen, wie dem Eisen im Blutfarbstoff Hämoglobin, im Muskelfarbstoff Myoglobin (beide zum Sauerstofftransport wichtig) beim Elektronentransport in den Mitochondrien (Energiegewinnung in den Kraftwerken der Zelle) aber auch im Bereich der Photosynthese im Chlorophyll der Pflanzen. Der Körper stellt aus Histidin das Gewebshormon Histamin her, welches eine zentrale Bedeutung bei der Abwehr des Immunsystems gegen Fremdstoffe hat (fördert Entzündungsreaktionen bzw. Abwehrreaktionen).

Isoleucin (Ila; I; E; 4,6%) kann neben seiner Funktion als Baustein für den Proteinaufbau sehr gut zur Energiegewinnung in den Muskelzellen dienen, wenn der Körper auf eigene Reserven zurückgreifen muss. Nicht zuletzt deshalb ist es ein fester Bestandteil von Aminosäure Infusionslösungen und chemisch definierten Diäten in der Humanmedizin.

Leucin (Leu; L; E; 7,5%) ist wichtig für den Erhalt und Aufbau von Muskelgewebe. Dabei unterstützt es die Proteinbiosynthese in Muskulatur und Leber, hemmt den Abbau von Muskelprotein und fördert Heilungsprozesse. Leucin (Isoleucin) stimulieren die Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse, und sind somit an verschiedenen zentralen Stoffwechselprozessen (nicht nur der Blutzuckerregulierung) beteiligt. Wie Isoleucin kann auch Leucin in Notzeiten als Energiereserve dienen.

Lysin (Lys; K; E; 7,0%) ist eine der Aminosäuren, die im Körper häufig auch in abgewandelter Form Verwendung findet. So stellt Hydroxylysin einen wichtigen Ko-Faktor bei der Glykosylierung des Kollagenmoleküls und damit beim Aufbau dieses wichtigen Bindegewebsproteins dar. Darüber hinaus wird Lysin auch zur Wirkbeschleunigung bei schmerzhemmenden Mitteln verwendet, insbesondere in Verbindung mit Ibuprofen. Unentbehrlich ist Hydroxylysin für die Stabilität von Kollagen und Bindegewebe. Dessen Hydroxygruppen sind über Zuckermoleküle miteinander vernetzt, wodurch die für Kollagen charakteristischen, stabilen Glykoproteine entstehen.

Methionin (Met; M; E; 1,7%) ist die zweite schwefelhaltige Aminosäure und bildet zumindest vorrübergehend die erste Aminosäure am N-Terminus (NH2-Ende) eines jeden neu entstandenen Proteins, da jede Proteinbiosynthese grundsätzlich mit Methionin gestartet wird. Methionin wirkt Harn-ansäuernd und findet daher bei Harnwegserkrankungen oder zur Verhinderung der Neubildung von Nierensteinen Verwendung. Darüber hinaus wirkt Methionin fettlösend und verhindert eine zu starke Fetteinlagerung in die Leber. Methionin fördert außerdem die Entgiftung, indem es die Schwermetall-Ausscheidung steigert. Um das Spurenelement Selen im Körper verwerten zu können, ist ebenfalls freies Methionin nötig.

Phenylalanin (Phe; F; E; 3,5%) ist an der Synthese der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Melanin beteiligt, und dient als Ausgangsstoff für viele weitere Signalmoleküle. Der auf manchen Lebensmittelverpackungen aufgedruckte Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ bezieht sich auf das Vorhandensein des Süßstoffes Aspartam, aus dem während des Verdauungsvorganges Phenylalanin freigesetzt wird (wichtig für Menschen mit der Krankheit Phenylketonurie).

Prolin (Pro; P; NE; 4,6%) sorgt aufgrund seiner speziellen Struktur für eine bestimmte Faltung der Proteinkette. Dadurch sind Prolin und sein Abkömmling Hydroxyprolin unentbehrlich für die räumliche Ausbildung von kollagenhaltigen Strukturen. Prolin schützt gleichzeitig vor dem Abbau des Kollagens, indem es die verdauenden Enzyme (Kollagenasen) blockiert (wichtig bei Entzündungen).

Serin (Ser; S; NE; 7,1%) spielt durch (De-)Phosphorylierung bei der Aktivierung oder Inaktivierung von Enzymen z.B. in Nervenzellen eine besondere Rolle. Als sogenanntes Phosphatidyl-Serin gehört es zum Grundgerüst vieler Membranen. Im Gehirn führt sein Mangel zu Konzentrationsstörungen und Unaufmerksamkeit.

Threonin (Tre; T; E; 6,0%) findet als Bestandteil von Aminosäure Infusionslösungen und bei chemisch definierten Diäten in der Humanmedizin Verwendung. Daneben wird es Mischfutter zugesetzt, da viele Getreidesorten für die Nutztierfütterung zu wenig von dieser Aminosäure enthalten. Threonin ist ein Baustein vieler Antikörper und kommt auch im Kollagen des Bindegewebes häufig vor.

Tryptophan (Trp; W; E; 1,1%) besitzt nach seiner Umwandlung in Serotonin eine stimmungsaufhellende Wirkung. Daneben ist es Bestandteil vieler weiterer Hormone, wie z.B. dem Schlafhormon Melatonin. Zusätzlich bildet Tryptophan die Vorstufen (Provitamin) von Vitamin B3 und von NAD (wichtiger Kofaktor bei Redox Reaktionen im Stoffwechsel der Zellen).

Tyrosin (Tyr; Y; NE; 3,5%) dient vor allem als Ausgangsstoff für bestimmte Hormone, für Neurotransmitter (Überträgersubstanzen für körpereigenen Signale) sowie für biogene Amine. So werden z.B. in den Nebennieren mit Hilfe von Tyrosin und Phenylalanin die Hormone Adrenalin und Noradrenalin gebildet.

Valin (Val; V; E; 6,9%) hat als sehr häufige Aminosäure vor allem als Energiereserve z.B. zur Ernährung des Muskels eine zusätzliche Funktion. Zusätzlich dient Valin als Vorstufe für die Bildung von anderen Aminosäuren oder körpereigenen Botenstoffen, wie z.B. Glutamat.

Übersicht der Aminosäuren, die in den
Bioaktiven Kollagenpeptiden enthalten sind:

AminosäureGew.Anteil %mol %
Alanin8,110,1
Arginin85,1
Asparaginsäure5,64,7
Glutaminsäure9,77,3
Glycin21,832,1
Histidin1,10,8
Hydroxylysin1,61,1
Hydroxyprolin11,79,9
Isoleucin1,41,2
Leucin2,92,4
Lysin3,72,8
Methionin0,70,5
Phenylalanin2,11,4
Prolin13,112,6
Serin3,23,3
Threonin1,81,7
Tyrosin10,6
Valin2,52,4